In letzter Zeit stoße ich immer wieder auf die Sorge vieler Führungskräfte, dass Mitarbeitende eine Wohlfühlkultur ausnutzen könnten. „Wenn das Arbeitsklima zu gut ist, fordern sie nur noch mehr.“ Solche Sätze lassen mich tief durchatmen – und ich denke mir: „Oh, wir haben noch einen langen Weg vor uns!“ Warum fällt es uns so schwer, Vertrauen zu schenken und eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen?
Wovor haben wir eigentlich Angst?
Häufig scheint die Angst der Führungskräfte zu sein, dass die Mitarbeitenden „verwöhnt“ werden könnten und dann mehr fordern oder weniger leisten. Doch eine Kultur der Misstrauenshaltung ist das Gegenteil einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Sie drückt aus: „Wir trauen euch nicht zu, dass ihr aus eigenem Antrieb euer Bestes gebt.“ Doch was passiert, wenn sich ein Unternehmen auf diese Weise abschottet? Die Mitarbeitenden ziehen sich zurück, machen Dienst nach Vorschrift, und die Motivation geht verloren. Statt Fortschritt entsteht Stagnation.
Einzelfälle oder die breite Mehrheit?
Natürlich gibt es immer wieder Einzelfälle, in denen Mitarbeitende auch in einem wertschätzenden Umfeld unzufrieden sind. Aber das sollte nicht der Maßstab sein. Viel wichtiger ist doch: Wie fühlt sich die Mehrheit? In meiner Erfahrung sind die meisten in einer offenen und vertrauensvollen Unternehmenskultur zufrieden, motiviert und engagiert. Es lohnt sich, den Fokus nicht auf die wenigen „Einzelfälle“ zu legen, sondern auf das positive Gesamtergebnis.
Wenn das Misstrauen zur Spirale wird
In einem Umfeld, in dem Vertrauen fehlt, fängt es an, in beide Richtungen zu „vergiften“. Mitarbeitende spüren die Skepsis der Führungskräfte und reagieren irgendwann entsprechend. Sie reduzieren ihr Engagement, bleiben in den festgelegten Arbeitszeiten und investieren wenig Energie in darüber hinausgehende Aufgaben. Gleichzeitig sehen die Führungskräfte genau diese Zurückhaltung und fühlen sich in ihrem Misstrauen bestätigt. Eine Spirale des gegenseitigen Argwohns entsteht – und davon leidet letztlich das ganze Unternehmen.
Der Schlüssel liegt in der Führung
Wie schaffen wir es, diese Spirale zu durchbrechen? Die Führungskräfte selbst müssen den ersten Schritt tun. Ihre positive Grundeinstellung ist entscheidend für das Arbeitsklima. Wer seine Mitarbeitenden mit Vertrauen und Wohlwollen begegnet, sendet eine klare Botschaft: „Wir stehen hier gemeinsam.“ Diese Haltung bringt eine positive Dynamik ins Unternehmen, die letztlich allen zugutekommt – den Mitarbeitenden und dem Unternehmenserfolg.
Über Erwartungen sprechen – nicht davor zurückschrecken
Ein Beispiel aus der Praxis: Viele Führungskräfte haben Sorge, Mitarbeitenden Remote-Arbeit aus dem Ausland zu ermöglichen. Es könnte ja zu schwierig werden, es gibt rechtliche Hürden oder mögliche Kommunikationsprobleme. Doch anstatt pauschal abzulehnen, ist es viel sinnvoller, offen miteinander zu sprechen. Welche konkreten Erwartungen gibt es, damit es funktioniert? Kann man gemeinsame Regeln finden, etwa feste Anwesenheitszeiten? Durch eine offene Kommunikation kann Vertrauen entstehen – und Lösungen, die für alle tragfähig sind.
Einfache Schritte zu einer positiven Kultur
Ein erster Schritt in Richtung einer positiven Unternehmenskultur ist manchmal einfach das eigene Verhalten. Ich lade ein zu einem kleinen Experiment: Einen Tag lang grimmig durch den Alltag gehen – und am nächsten Tag nur lächeln, freundlich sein, „Danke“ sagen. Die Reaktionen werden verblüffend sein! Ebenso funktioniert das Prinzip im Unternehmen: Die Stimmung, die wir als Führungskräfte aussenden, kommt zurück. Ein wertschätzendes Arbeitsumfeld stärkt das Vertrauen und fördert langfristig Motivation und Leistungsbereitschaft.
Fazit: Vertrauen statt Angst vor „Verwöhnung“
Eine Wohlfühlkultur ist kein Risiko, das man vermeiden sollte – im Gegenteil. Sie ist eine große Chance, das volle Potenzial der Mitarbeitenden zu entfalten. Wer investiert, um ein vertrauensvolles, wertschätzendes Umfeld zu schaffen, wird langfristig mit motivierten, engagierten Mitarbeitenden belohnt, die bereit sind, ihr Bestes zu geben. Die Vorstellung, dass eine gute Unternehmenskultur nur zu mehr Forderungen führt, ist unbegründet. Stattdessen erleben wir ein Miteinander, in dem Herausforderungen gemeinsam angegangen werden und in dem alle Beteiligten wachsen können.
Wenn Führungskräfte den Mut aufbringen, Wohlwollen und Vertrauen auszusenden, wirkt dies ansteckend und schafft einen positiven Kreislauf, der letztlich das gesamte Unternehmen stärkt. Also – warum nicht mit Vertrauen führen?
Falls ihr euch auf diesen Weg begeben wollt, begleite ich euch gern dabei.
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